Erfolgreicher Start der 11. Hospiztage im Saarpfalz-Kreis
„Die Hospizarbeit lebt vom Miteinander“
Zum Start der 11. Hospiztage im Saarpfalz-Kreis, durchgeführt vom Ökumenischen Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst Saarpfalz gemeinsam mit dem Hospiz- und Palliativnetz Saarpfalz, präsentierte der Kinderarzt und Palliativmediziner Prof. Dr. Sven Gottschling einen beeindruckenden Vortrag mit der Überschrift „Schmerzen, Angst und Einsamkeit am Lebensende – was können wir dagegen tun?“. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft von Landrat Dr. Theophil Gallo und fand jüngst im Homburger Forum statt.
Gabriele John-Neumann, Koordinatorin im Hospizdienst, begrüßte neben dem Referenten die zahlreichen Gäste, unter ihnen Markus Schaller, Erster Kreisbeigeordneter des Saarpfalz-Kreises, und Barbara Aßmann, Diözesan Caritasdirektorin in der Diözese Speyer, die beide ein Grußwort sprachen, sowie Pfarrer Albrecht Bähr, Landespfarrer Diakonie, der neben Barbara Aßmann als Trägervertreter des Hospizdienstes vor Ort war.
Markus Schaller übermittelte in dessen Vertretung die Grüße des Landrates Dr. Theophil Gallo und sagte: „Das Thema des heutigen Abends bewegt uns alle und wird uns auch alle in irgendeiner Form einmal betreffen – ob wir das wollen oder nicht.“ Er ließ keinen Zweifel daran, dass sich auch aus den anderen Veranstaltungen wirkungsvolle Erkenntnisse für den Einzelnen und die Gemeinschaft ergeben werden.
Barbra Aßmann verwies in ihrer Ansprache auf eine weitere Bedeutung. Dadurch, dass mit diesen Tagen das Thema Hospiz- und Palliativarbeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt werde, werde auch die Arbeit der hochmotivierten ehrenamtlichen sowie hauptamtlichen Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter in den Mittelpunkt gerückt. „Denn die Hospizarbeit lebt vom Miteinander – des Haupt- und des Ehrenamtes“, betonte Barbara Aßmann.
Prof. Dr. Sven Gottschling ging anschließend komprimiert und verständlich auf die drei Aspekte Schmerzen, Angst und Einsamkeit am Lebensende ein – teilweise aus wissenschaftlicher Sicht, dann auf seinen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifend. Dabei zog er die mehr als 100 Zuhörerinnen und Zuhörer in seinen Bann. Ihm gelang der Balanceakt, die durchaus schwerwiegende Faktenlage auf subtile, teils humoristische Art zu skizzieren. Damit ließ der Redner keinen emotionalen Überschwang im Publikum zu – weder in die eine, noch in die andere Richtung. Der Vortrag endete mit einem Sprechblasen-Bild von Charly Brown und Snoopy, den Comicfiguren aus den „Peanuts“, die nebeneinander auf einem Steg an einem Gewässer sitzen. Charly Brown: „Eines Tages werden wir alle sterben, Snoopy!“. Snoopy: „Ja, das stimmt, aber an allen anderen Tagen nicht.“
Zara Weiskircher und Alexander Arimond verliehen mit ihrer Darbietung von vier handverlesenen Musikstücken („Down by the sally gardens“ „The Rose“, „The way I am“, „Forever young“) der Eröffnungsveranstaltung einen angemessenen, würdevollen Rahmen. Nach einer ausgiebigen Fragerunde konnten sich die Besucherinnen und Besucher weitere Inspiration am Büchertisch der ehrenamtlichen Hospizhelferin Irene Scheike holen.
Landrat Dr. Theophil Gallo: „Ich danke allen, die sich der Organisation der 11. Hospiztage im Saarpfalz-Kreis angenommen haben. Diese Tage sind äußerst wertvoll, da wir uns den Themen, die uns in der Gemeinschaft und auch persönlich zum Lebensende hin begegnen werden, nicht verschließen sollten. Die Herangehensweise kann dabei sehr unterschiedlich sein, wie der Veranstaltungsreigen im Saarpfalz-Kreis zeigt. Ich bin dankbar für die Arbeit unseres Hospiz- und Palliativnetzes, in welchem Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Seelsorge verbunden sind, und das sich für die hospizlich-palliative Betreuung von schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen einsetzt. Aber auch für das Engagement aller Ehrenamtlichen, die ihre Hilfe in einem Umfeld anbieten, das nun nicht von Freude und Spaß geprägt ist. Aber sie können viele freudige Momente zu kranken Menschen und deren Familien bringen. Das ist eine Gabe, die von unschätzbarem Wert ist.“
Der Welthospiztag, der am 19. Oktober begangen wird, trägt in diesem Jahr das Motto „Hospiz für Vielfalt“. Nicht zuletzt steht die Hospizbewegung seit ihren Anfängen in den 1980er Jahren für Solidarität und Vielfalt. Nähere Informationen zum Welthospiztag auch beim Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband e. V. im Internet unter www.dhpv.de/aktuelles_welthospiztag.html
Weitere Veranstaltungen im Rahmen der 11. Hospiztage im Saarpfalz-Kreis
Die Kinowerkstatt St. Ingbert, Pfarrgasse 49, zeigt am Freitag, den 11. Oktober, um 19 Uhr den Film „Birnenkuchen mit Lavendel“. Der Eintritt kostet vier Euro.
Am Samstag, dem 12. Oktober, gibt es einige Informationsstände zum Welthospiztag rund um die Begegnungsstätte des Caritas-Zentrums in St. Ingbert. Daran beteiligen sich u. a. das Sankt Jakobushospiz, der Ökumenische Ambulante Hospizdienst, der Hospizverein Saarpfalz e. V. und einige Pflegeheime aus der Region.
Mit einer etwas anderen Stadtführung mit dem Schwerpunkt „Lebenswertes in St. Ingbert“ wartet Stadtführer Andreas Schröder am Dienstag, dem 15. Oktober, auf. Treffpunkt ist um 14 Uhr in Begegnungsstätte des Caritas-Zentrums. Anmeldung und nähere Informationen unter Tel. (06841) 9728613 oder per E-Mail an ahpb.saarpfalz@caritas-speyer.de.
Auch das das Homburger Frauenkabarett ist mit von der Partie und gastiert mit „Treffer in der Nachspielzeit“ am Donnerstag, dem 17. Oktober, um 19 Uhr in der Stadthalle St. Ingbert. Karten dafür gibt es im Weltladen St. Ingbert, Kaiserstraße 20.
Ein Ökumenischer Gottesdienst beschließt die Hospiztage am Freitag, dem 18. Oktober, um 17 Uhr in der Katholischen Kirche St. Engelbert in St. Ingbert.
HOSPIZ MACHT SCHULE
Hospiz macht Schule
Vom 09. September bis zum 19. September führte der Ökumenische Ambulante
Hospiz- und Palliativberatungsdienst Saarpfalz gemeinsam mit der LAG Hospiz Saar in
der Rischbachschule in St. Ingbert das Projekt "Hospiz macht Schule" durch.
Sollen Kinder mit dem Thema Tod konfrontiert werden? Ja, meint Ellen Renner, die seit
2008 mit dem Programm in die Schulen geht. Sie selbst ist ehrenamtlich tätig im Paul-
Marien-Hospiz. Dort kümmert sie sich um die Bedürfnisse von Sterbenden. Die Arbeit
mit den Kindern sei ihr damals angetragen worden, daraufhin habe sie dazu eine
Ausbildung durchlaufen. Seither gehen sie und ihre Helferinnen zwölf Mal im Jahr vier
Tage lang in Grundschulen. „Es ist halt einfach so, dass die Themen Tod und Sterben
noch ein Tabu in unserer Gesellschaft sind“, meint Renner. Kinder im Alter von neun,
zehn Jahren entwickelten aber ein Interesse daran und hätten dafür oft keine richtigen
Ansprechpartner. In den vier Schultagen tastet sich das Programm langsam an das
Thema heran; Hilfsmittel dafür sind unter anderem Basteln, Malen und Filme schauen.
Letzte Woche waren Renner und ihr Team in der Rischbachschule zu Gast. Die Klasse
4.1 von Lehrerin Sabine Dillinger durchlief also das Programm „Hospiz macht Schule“.
Manche Kinder wie der neunjährige Lasse waren hinterher so begeistert, dass er es auf
jeden Fall noch mal machen würde. „Ich fand’s sehr cool, dass wir gebastelt haben und
jeden Tag eine neue Farbe dran war. Und dass wir Filme geguckt und darüber geredet
haben, wie der Tod ist.“ Er habe gelernt, dass man vor dem Tod keine Angst haben
müsse. Die neunjährige Lia hat in ihrem Leben bereits zwei Verluste erleben müssen:
Ihre Oma und ihr Hund sind gestorben. Was nimmt sie aus dem Programm mit? „Also
man darf trauern und weinen, aber man muss nicht traurig sein, weil der Mensch immer
noch bei einem ist. Und dass man ihn im Herzen trägt.“ So ähnlich kam das auch bei
der zehnjährigen Charlize an: „Wir haben in einem Film gelernt, dass wenn einer stirbt,
er immer noch bei einem ist und vom Himmel auf einen guckt.“ Dillinger gefiel, wie das
Thema Tod behutsam an die Klasse herangetragen wurde. „Ich hatte am Anfang das
Gefühl, dass die Kinder anfangs noch zögerlich waren, sich dann aber doch geöffnet
haben. Es sei ganz normal, dass die Kinder zu Beginn erstmal skeptisch sind, meinte
Renner. Am ersten Tag ging es erstmal ums Werden und Vergehen - dazu malten die
Kinder einen Schmetterling. „Der entsteht aus der Raupe - so wie wir alle mal Babys
waren.“ Später dürfen die Schülerinnen und Schüler Bilder zu ihren Gefühlen anfertigen
und auch zum Thema „Was passiert nach dem Tod?“. „Dabei entstehen Bilder, wie die
Kinder sich das vorstellen“, erzählt Renner. Werde sie selbst nach ihrer Auffassung
gefragt, sagt sie: „Wir können es nicht wissen, was nach dem Tod passiert.“ Gerade
deshalb sei es wichtig, dass die Kinder ihre eigenen Vorstellungen zu Papier bringen.
Je nach religiösem Hintergrund seien diese unterschiedlich. „Hier sind auch viele
ausländische Kinder, die ein ganz anderes Denken haben, eine ganz andere Kultur und
Religion.“ Es sei aber auch interessant für die nicht-ausländischen Kinder, wie das in
anderen Religionen abläuft. „Die muslimischen Kinder haben erzählt, wie im Islam
Menschen bestattet werden, nämlich in Tüchern.“ Renner und ihr Team aus
Sterbebegleiterinnen berichteten auch von ihrer Arbeit aus dem Hospiz. „Wir erzählen
den Kindern, was man sterbenden Menschen noch Gutes tun kann: Ihnen zuhören, sie
in den Arm nehmen, ihr Lieblingsessen kochen oder einen Ausflug machen.“ Die
Rückmeldungen auf das Programm seien allgemein sehr positiv: So habe die Lehrerin
der Klasse, in der das Team zuvor zugegen war, gesagt, sie habe ihre Kinder mal ganz
anders kennengelernt. Der Zusammenhalt in der Klassengemeinschaft habe sich
danach intensiviert.
Für den Artikel: Sebastian Dingler
Wer nun als Erwachsener mehr zum Thema Sterben erfahren
möchte, dem seien die derzeit stattfindenden Hospiztage im Saarpfalz-Kreis ans Herz
gelegt:
Das komplette Programm finden Sie hier auf der Homepage (Aktivitäten/Termine)
Sich aus der Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft heraus bewegen
„Das Thema Tod sollte nicht länger tot geschwiegen werden, da muss unbedingt viel drüber gesprochen werden“, sagt Benita Klar, die gerade ihr Zertifikat für den Kurs Ehrenamtliche Sterbebegleitung erhalten hat. Vor allem sei es auch an der Zeit, dass niemand mehr allein sterben muss. Die Hasselerin hat seit Januar an dem Kurs teilgenommen, der seit 2003 vom Ökumenischen Hospizdienst Saarpfalz und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) angeboten wird.
Neun Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer waren freiwillig dazu bereit, jeden Dienstagabend und so manchen Samstag dafür zu opfern, um Kompetenzen in der Begleitung Sterbender zu erlangen. Mit der Zertifikatsübergabe in der Begegnungsstätte des Caritas-Zentrums St. Ingbert erhielten die Kursteilnehmer jetzt den krönenden Abschluss der Ausbildung.
Klars Motivation für dieses Ehrenamt lag darin, dass sie selbst ihren Mann vor zwei Jahren auf dem letzten Weg begleitete. Es sei nur ein kurzes Gespräch gewesen, das sie in einer Klinik mit einer Helferin hatte - „aber das hat mir so gut getan!“ So gut, dass Klar selbst auch gerne etwas zurückgeben wollte an Menschen, die diese Lebensphase durchlaufen. Das Wichtigste dabei sei, erstmal den Betroffenen zuzuhören, meint sie.
Auch Alexandra Hambitzer aus Ottweiler begleitete schon mal einen ihr nahestehenden Menschen bis zum Tod. „Die Umstände haben mir nicht so gut gefallen.“ Sicherlich hätten alle Beteiligten ihr Bestes getan. „Aber ich dachte, wenn man besser darüber informiert gewesen wäre, was es alles an Angeboten gibt, hätte das noch ein bisschen schöner ablaufen können.“ Im Kurs selbst erfuhr Hambitzer, dass in Saarbrücken letztes Jahr über 200 Menschen alleine gestorben oder beerdigt worden seien. „Mir ist das wirklich eine Herzenssache mittlerweile, dass man daran was ändern kann.“
Ein Bericht in der Saarbrücker Zeitung über Beerdigungen ohne Angehörige brachte den einzigen Mann im Kurs dazu mitzumachen. Andreas Kaden aus St. Ingbert hatte sowieso schon länger vor, sich ehrenamtlich zu engagieren. Zur Ausbildung gehört auch ein Praktikum: Kaden fuhr darin bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) mit. Er bekam dabei auch die medizinische Seite der Betreuung mit wie etwa Wundversorgung oder Medikamentengabe. In ein paar Wochen finde dann ein Gespräch mit der Kursleiterin Gabriele John-Neumann statt - dann werde geschaut, ob es gerade einen passenden Fall von Sterbebegleitung für Kaden gebe.
Zur Zertifikatsübergabe war auch Barbara Aßmann gekommen, die eine Doppelfunktion besitzt als Vorsitzende der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz und als Diözesan-Caritasdirektorin. Sie sagte in ihrer Ansprache, dass sie den ganzen Tag schwierige Verhandlungen habe führen müssen, sich aber auf den Abendtermin mit der Zertifikatsübergabe sehr gefreut habe. Es sei nämlich alles andere als ein trauriger Anlass. „Das Ehrenamt in der Hospizhilfe, das geht an die Grenze, nämlich an die Grenze des Lebens. Uns als Christen ist es ja auch wichtig, den Menschen Zutrauen zu schenken, Zeit zu schenken und ihnen deutlich zu machen: Wir sind da bis zuletzt.“ Aßmann bedankte sich sehr herzlich bei den Kursteilnehmern für deren Bereitschaft, genau das zu tun.
Das tat natürlich auch der Leiter des Caritas-Zentrum Saarpfalz, Andreas Heinz. Er betonte den Mut der Teilnehmer, sich „aus der Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft“ heraus zu bewegen. „Das ist einfach etwas Tolles, etwas Wunderbares.“
Schon seit Beginn des Kurses ist die Katholische Erwachsenenbildung mit dabei. Deren Leiterin Gertrud Fickinger erzählte von den Anfängen, als sie von Leuten aus dem Saarpfalz-Kreis angesprochen wurde. Die hatten von einem solchen Angebot in Ludwigshafen gelesen und gefragt: Warum gibt es das nicht bei uns? Das stieß bei Fickinger auf offene Ohren. „Ich bin als Theologin der Überzeugung, dass es wichtig ist, sich mit dem Thema Tod und Sterben auseinanderzusetzen.“ Der Tod sei das einzig Sichere im Leben. Außerdem stehe auch fest: „Was ist wirklich wichtig, wenn es uns richtig mies geht? Dass einer da ist!“
Beglückwünscht wurden die Kursteilnehmer auch von Antoaneta Doggendorf. Sie ist die neue Vorsitzende des Hospizvereins, der den Kurs bezuschusst. Kursleiterin John-Neumann, die auch stellvertretende Leiterin des Caritas-Zentrum Saarpfalz und Koordinatorin des Hospizdiensts ist, überreichte den Absolventen eine Papiertüte mit „besonderen Dingen" darin, die das Leben reicher machen: Die Sonne (Sonnenblume), Carpe Diem (eine Kerze), Nächstenliebe (Pflaster), etwas Süßes (Honig) und was Duftendes (Aromaöl).“ Sie meinte, im Kurs sei immer eine Dankbarkeit, ein gutes Miteinander und eine gewisse Achtsamkeit spürbar gewesen. Und es ist das gute Leben, um das es geht. Bis zuletzt.
Als Ausblick wies John-Neumann auf die Hospiztage in Homburg hin. Zu deren Eröffnung wird Professor Sven Gottschling am30. September einen Vortrag halten zum Thema „Schmerzen, Angst und Einsamkeit am Lebensende - Was können wir tun?“
Text und Bild: Sebastian Dingler